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Flüchtlingspolitik
#1 05.09.2015 15:58

tl;dr Mir geht es auf den Zeiger, das man über das Thema keine 2min diskutieren kann, ohne das gleich wieder einer mit der Nazi-Keule ankommt, obwohl die Diskussion bitter nötig wäre.

 

Meine Meinung:

Man muss erstmal klar zwischen Kriegsflüchtlingen und Wirtschaftsflüchtlingen als auch Migranten unterscheiden. Das wird einfach wild durcheinander geworfen.

Ausschließlich Kriegsflüchtlinge können Asyl aus humanitären Gründen beanspruchen. Wirtschaftsflüchtlinge und Migranten müssen sich an bestehende Gesetze und Regelungen halten.

Versucht doch mal als Europäer nach Kanada, die USA, Australien, Neuseeland, Japan oder sogar China auszuwandern. Du brauchst einen Job, ärtzlich bescheinigte Gesundheit, gute Sprachkenntnisse und Vermögen, damit du dich im Krankheitsfall selbst unterhalten kannst. Ein dauerhaftes Visa zu bekommen ist nochmal eine ganz andere Geschichte.

Da brauch niemand den Moralapostel spielen, dass die armen Wirtschaftsflüchtlinge aus Afrika, welche 8000€ für Schleuser bezahlt haben, es hier so schwer hätten, wenn sie ihre smartphones mit Bildern ihren zurückgelassenen Familien in die Kameras halten.

 

Die Toten im Mittelmeer

Da muss man ganz klar attestieren, dass die eingeführte Seenotrettung eine eindeutige Konsequenz hatte: Mehr Tote im Mittelmeer, als jemals zuvor.

Gegenbeispiele gibt es auch, Australien hat eine Null-Tolleranz Politik für illegale Einwanderer eingeführt. Kommt da ein Boot an, wird es umgehend auf's offene Meer zurückgeschleppt und seinem Schicksal überlassen.

Konsequenz: 0 Tote durch Bootsunglücke seit  DEZEMBER 2013(!)[1]

 

Brände in Asylheimen

Ich entschuldige und rechtfertige hier garnichts.

Schwieriges Thema, weil es keine offiziellen Statistiken dazu gibt. Die Polizei unterscheidet in ihrem Jahresbericht nicht nach Objekt und Ursache. Es gibt eine einzige Auflistung von Medienberichten[2], welche ich finden konnte. Die Zahl der Brände hat zwar absolut zugenommen, aber relativ hat sich bei den asylfeindlichen Bränden seit 2014 nichts geändert.

a)2014 gab es 16 Brände in Asylheimen, 2 davon waren asylfeindlich
b)2015 gab es bis zum September 68 Brände, 11 davon waren asylfeindlich
a=(12,5 +6,3 -6,2)% | b=(16,2 ± 1,5)%
Fehlerangabe ergibt sich aus je einem zusätzlichen positiven/negativem Ereignis um zu verdeutlichen, dass aufgrund des geringen Stichprobenumfangs keine vermeintlich deutliche Steigerung
angenommen werden darf.

 

Schlimm genug, dass es zu menschenfeindlichen Ausschreitungen kommt, die Aktionen der Antifa und das Niederbrüllen jeglicher offener Diskussion erzeugt aber nur mehr Spannung die in eine Richtung führen, die niemand ernsthaft haben können will. Ein Blick nach Griechenland und den Aufstieg der Chrysi Avgi (goldene Morgenröte)[3] reicht, um die Konsequenzen der aktuellen Flüchtlingsströme zu erkennen.

Was glaubt ihr denn passiert in ein paar Jahren, wenn z.B. die 50% arbeitlosen Jugendlichen in Spanien mit Migranten um Jobs kämpfen müssen?

Ich habe das dumpfe Gefühl, Europa wird durch diese Angelegenheit massiv destabilisiert werden und hintenrum bekommen wir dann TTIP, TiSA und CETA reingedrückt, ohne dass die Öffentlichkeit dafür noch Aufmerksamkeit erübrigen können wird.

 

__

[1] http://artsonline.monash.edu.au/thebordercrossingobservatory/publications/australian-border-deaths-database/

[2] http://www.mmnews.de/index.php/politik/52227-asyllbrand1

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Chrysi_Avgi

05.09.2015 17:49

„Wer ein Smartphone hat und Schleuser bezahlen kann, kann nicht arm sein, ist aber dennoch ein Wirtschafstflüchtling.“ (sinngemäß zitiert)
*Ein Kriegsflüchtling war ja vor seiner Flucht nicht zwangsläufig arm. Warum sollte er sich kein Smartphone leisten können?
*In Drittweltländern sind solche Geräte sehr viel günstiger als hier. „Im Januar kündigte […] Microsoft an, zwei neue Geräte zu Preisen zwischen 69 und 79 Euro pro Stück anzubieten.“ [1] „Zudem ist in Afrika in immer mehr Regionen schnelles drahtloses Internet verfügbar, das klassische Festnetz-Internet hingegen nicht.“ [2] Smartphones sind dort kein Luxusartikel wie hier. „Water has to be obtained from the pump, but telecommunications are on tap. “[3] „Auf dem Kontinent ist unter anderem das Bezahlen per Handy sehr beliebt. 52 Prozent aller weltweiten Transaktionen dieser Art werden in Afrika abgewickelt.“ [1]

„Die Seenotrettung animiert Flüchtlinge, das Mittelmeer zu kreuzen.“
*Dass es „[m]ehr Tote im Mittelmeer […] als jemals zuvor“ gibt, könnte nicht zufällig etwas damit zu tun haben, dass es einfach mehr Flüchtlinge gibt? Glaubst du, die Flüchtlinge würden den Versuch nicht wagen, wenn sie nicht gerettet werden würden? „Mehr als 2000 Migranten sind in diesem Jahr bislang bei ihrer Flucht über das Mittelmeer nach Europa ums Leben gekommen.“[5] Glaubst du, dass in dem Fall diese Tote nicht schon diese Wirkung gehabt hätten?
*In einem Bericht des Refugee Council of Australia heißt es dagegen (und ich gebe zu, es sind alte Zahlen, aber ich vermute, dass sich an den Proportionen nicht viel getan haben wird, eher noch zulasten Frankreichs verschoben): „‘Even a quick look at the global figures shows that the increased flow of asylum seekers to Australia is relatively small in international terms. While Australia received 29,610 asylum applications in 2012, Turkey received 325,301, Jordan 135,946, Lebanon 134,896, South Sudan 101,480 and France 97,643.“[4]
_____
[1] billiger-telefonieren.de: „Smartphone-Markt in Afrika boomt“. URL: http://www.billiger-telefonieren.de/handy/nachrichten/smartphone-markt-in-afrika-boomt_139146.html
[2] BILD.de: „Zahl der Smartphones in Afrika verdoppelt sich“. URL: http://www.bild.de/digital/smartphone-und-tablet/smartphone/smartphones-afrika-mobil-39804674.bild.html
[3] The Economist: „Smartphones in Africa – Nuts and bits“. URL: http://www.economist.com/blogs/baobab/2011/10/smartphones-africa
[4] Refugee Council of Australia: „AUSTRALIA’S REFUGEE RESPONSE NOT THE MOST GENEROUS BUT IN TOP 25“. URL: http://www.refugeecouncil.org.au/n/mr/130719_GlobalStats.pdf
[5] OVB online: „2000 Tote im Mittelmeer”. URL: http://www.ovb-online.de/2000-tote-mittelmeer-5320594.html

05.09.2015 23:12 (auf Beitrag #2 antworten)

> (sinngemäß zitiert)

Nope, das ist deine Interpretation, kein Zitat.

 

> „Die Seenotrettung animiert Flüchtlinge, das Mittelmeer zu kreuzen.“

Ja, kann man so stehen lassen.

06.09.2015 05:17 (auf Beitrag #3 antworten)

Dann korrigiere mich bitte. Was meintest du mit „Da brauch niemand den Moralapostel spielen, dass […] Wirtschaftsflüchtlinge aus Afrika, welche 8000€ für Schleuser bezahlt haben, […] ihre smartphones […] in die Kameras halten.“?

06.09.2015 13:32 (auf Beitrag #4 antworten)

Reichtum und Armut sind relativ, sowohl zueinander als auch bezogen auf das Wirtschaftssystem, in dem du dich befindest. Die Bedeutung von 8000€ hier sind nicht gleich der von 8000€ im Kongo.

Ich kürze meinen Text mal so, dass du die Intention besser siehst: "Versucht doch mal als Europäer [...] auszuwandern. [...] Da brauch niemand den Moralapostel spielen, dass die armen Wirtschaftsflüchtlinge aus Afrika, [...] es hier so schwer hätten."

Darum ging's mir. Migration ist für keinen Normalsterblichen einfach, egal ob er aus Hamburg oder Kinshasa kommt.

05.09.2015 21:50

Bleistift hat das sehr schön aufgearbeitet. Eine Sache hätte ich aber noch. Du sagst "Ausschließlich Kriegsflüchtlinge können Asyl aus humanitären Gründen beanspruchen. Wirtschaftsflüchtlinge und Migranten müssen sich an bestehende Gesetze und Regelungen halten." Was meinst du damit? Wirtschaftsflüchtlinge werden fast immer abgelehnt [1].

____
[1] http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Statistik/Asyl/201507-statistik-anlage-asyl-geschaeftsbericht.pdf?__blob=publicationFile

05.09.2015 23:36 (auf Beitrag #6 antworten)

Für eine reguläre Einwanderung gibt es ein ganz normales Prozedere, dass auch du befolgen musst, wenn du z.B. in die USA auswandern willst. Nichts anderes sollte für diese Menschen ebenfalls gelten.

Das die Asylanträge von Wirtschaftsflüchtlingen meist abgelehnt werden, ist mir bekannt, aber die sind dann trotzdem erstmal hier und haben unzählige Möglichkeiten eine Abschiebung aufzuschieben oder komplett zu verhindern. Von der Gefahr in die Kriminalität abzurutschen fange ich gar nicht erst an.

06.09.2015 05:15 (auf Beitrag #7 antworten)

Aber ich habe ja nur auf 2 Punkte geantwortet.

05.09.2015 22:43

Es stimmt, dass in europa nicht nur kriegsflüchtlinge ankommen, sondern auch migranten aus gebieten ohne akuter kriegssituation, und die abgrenzung der begriffe ist durchaus wichtig. Auch armut macht keinen spaß, by the way....Aber "sozialschmarotzer" sind vorallem die guten deutschen hartzIV empfänger aus denen rtl kapital schlägt. Und von den asylsuchenden aus den balkanstaaten, die du vermutlich meinst: die anerkennungschancen durch das bamf liegen hier quasi bei null. So heißt das zb für viele roma ab zurück in die diskriminierung, aufgrund welcher sie zb keine wohnung oder arbeit bekommen. Oder hier bleiben und ab in die illegalität. Ob die abweisung nun eine gute politische entscheidung unserer seits ist, darf jeder selbst entscheiden. Selbst die schweiz, die ja gerne haarscharf abwägt, gewährt im durchschnitt 30% mehr antragstellern den schutzstatus. Und ja, ich spreche immer noch nur von denen, "die ja eigentlich gar keine richtigen flüchtlinge sind".

05.09.2015 22:53

Die passiert schon, schuld sind aber die banken und die zweifelhafte art der umsetzung der währungsunion (zu starke preisniveauunterschiede nach der finanzkrise zb). Du brauchst keine angst haben, dass sich durch die wenigen menschen, die hier endgültig bleiben dürfen, irgendetwas gravierend ändert. Außer vllt, dass die rentensituation ein klein wenig entspannter ist, da es ein paar mehr arbeitsfähige menschen gibt, die die renten der senioren bezahlen. Was zum nächsten punkt arbeitslosigkeit führt: es ist nicht so, dass wir keine freien arbeitsplätze haben. Im großen fehlt einfach nur die richtige ausbildung. Anstatt zur seite zu schielen und zu befürchten, dass menschen, die vor kurzem noch nichteinmal die sprache konnten den europäern die jobs wegnehmen, sollte man lieber nach oben schauen und eine bessere bildungspolitik verlangen. Das wäre langfristig nachhaltiger ;)

05.09.2015 23:06

Hauptproblem an der Flüchtlingspolitk ist, dass sie keine Lösung darstellt. Deutschland wird keine großen Prolem mit den Flüchtlingen haben, ganz im Gegenteil, die Fachkräfte kann man sehr gut gebraucht.

Die Länder, aus denen diese Flüchtlinge fluchten, werden jedoch unter gehen. Je mehr gut Qulifzieritert Menschen ihr Heimatland verlassen, umso schwere wird es diese Länder wieder aufzubauen. Der Kreislauf kommt gerade erst richtig ins Rollen.

Hier ist ein sehr gutes Video, in dem anhand von Kaugummikugeln verdeutliche wird wie groß das Problem ist. Das Video ist alt, dass Problem ist jedoch größer als jemals zuvor. Auch dass es hier auf die USA bezogen wird ändern an dem Problem überhaupt nichts.

Deutschland sollte den Menschen, die vor Kriegen flüchten zuflucht bieten, Schutz bieten. Bei jedem anderen sollte man abwägen, ob es Sinnvoll ist. Nicht weil wir die Menschen nicht gebraucht könnten, mit jedem Top Qualifizierten Arbeiter der aus einem wirtschaftlich schwachen Land flüchte, schwächt man es nur noch mehr. Das Problem wird größer und größer.

Wo ist das Problem wenn Deutschland die Einwanderungsgesetze verschärft

Naja, Hoffnung habe ich keinen, es wird im Chaos enden, die Menschen werden wie Tiere über sich herfallen und Deutschland und die EU wird sich weiter spalten. Früher oder später wird dann jeder an den Punkt kommen, wo er nur noch an sich selber denkt.

06.09.2015 10:35 (auf Beitrag #11 antworten)

Hätte ein topqualifizierter Arbeiter in seinem Land eine seiner Qualifikation angemessene Arbeit, würde er wohl auch dem entsprechend bezahlt und nicht auswandern, oder?

06.09.2015 09:37 (auf Beitrag #12 antworten)

Nicht, wenn seine arbeitsstätte zerbombt ist....

06.09.2015 10:36 (auf Beitrag #13 antworten)

Wovon reden wir eigentlich gerade? Von einem Flüchtling, bei dem man abwägen muss, ob es sinnvoll ist, dass er kommt, weil er kein Kriegsflüchtling ist, dessen Arbeitsstätte aber zerbombt ist?

06.09.2015 14:00 (auf Beitrag #14 antworten)

Ich hatte immer das Gefühl daß die topqualifizierten Leute als erstes abhauen. Was nützen mir mein Job und mein Geld, wenn ich nirgends was zu Essen kaufen kann, oder die Energielieferungen nicht stattfinden?

Erstens "sehen" sie schon früher daß Wolken aufziehen, während die Unterschichten einfach zusehr mit ihrem unmittelbaren Alltag beschäftigt sind und zweitens weil ihnen die Qualifikationen in den meisten Fällen einen Länderwechsel erleichtern

07.09.2015 00:16

Sollte man sich anschauen. Ein paar Stichpunkte: Asylantrag dauert 5Monate bis zur Entscheidung, bis zu 2Jahre mit Rechtsweg und 85% der abgelehnten Asylbewerber bleiben trotzdem im Land.

[jetzt auch ungeschnitten]

28.09.2015 23:32

Was haltet ihr von dem Video? Der hat ne Menge Videos über dieses Thema. 

 

29.09.2015 11:59 (auf Beitrag #17 antworten)

Condell ist ein britscher Konservativer (um seinen Standpunkt einordnen zu können). Vergewaltigungen durch Migranten haben im Vereinigten Königreich ein anderes Ausmaß, weil die ebenfalls eine Nazikeule- resp. Rassismuskeule am Werk haben, die derart absurd geschwungen wird, dass muslimische Vergewaltigungsgruppen ungehindert aggieren können. Die Polizei schreitet nicht mehr ein, weil sie sich vor Rassismusvorwürfen fürchtet. Das ist kein Scherz (siehe Rotherham [1] und unter weitere). UK steht mit dieser auffälligen Korrelation auch nicht alleine da, in Schweden sieht's nicht anders aus.

Es ist aber insgesamt nicht einfach zu der Thematik eindeutige Schlüsse zu ziehen, weil sowohl die Statistik nicht derart ausführlich existiert, als auch politisch nicht gewollt ist, dass derlei Schlussfolgerungen getroffen werden. Nicht ohne Grund, benutzt die Polizei den Begriff "Südländer". Und weil gleich wieder ein Schlaumeier nach diesem Satz ankommt: Ich habe nicht gesagt WARUM das politisch nicht gewünscht ist. Da ist von Vermeidung von Pauschalisierung, über Befürchtung der Beförderung von Rassismus bis hin zu ideologischen Scheuklappen alles möglich. Emotionale und ideologische Berichterstattung tut den Rest und verhindert generell einen objektiven Umgang mit der Thematik. [2]

 

Für Deutschland kann man lediglich folgendes formulieren [3]:

Der Anteil an ausländischen Straftätern ist überproportional zum Bevölkerungsanteil und der Großteil an Intensivtätern mit Migrationshintergrund sind Türken und Araber. Zudem steigt der prozentuale Anteil an durch Ausländern begangene Vergewaltigungen an.

 

Welche Schlüße man daraus ziehen mag, bleibt jedem selbst überlassen.

 

__

[1] https://en.wikipedia.org/wiki/Rotherham_child_sexual_exploitation_scandal

[2] Interesanter Artikel dazu von der NZZ "Überwältigungsjournalismus" http://www.nzz.ch/feuilleton/medien/berichterstatter-als-stimmungsmacher-1.18615593

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Ausl%C3%A4nderkriminalit%C3%A4t

01.03.2016 12:07

So ne lange Diskussion und kein einziges Mal findet man das Wort NATO...

06.03.2016 19:04 (auf Beitrag #20 antworten)

Und das Wort „Pinguin” auch nicht. Hier wird alles viel zu oberflächlich behandelt.

04.04.2016 08:23

Es ist wieder einmal alles schlimm. Ganz schlimm.

Die Wirtschaft brummt. Die Renten legen zu. Die Reallöhne steigen. Der Mindestlohn sorgt dafür, dass sogar die unteren Einkommensschichten den Konsum befeuern.

Aber schaut man in die Gesichter der Menschen in einer beliebigen Einkaufspassage einer deutschen Stadt, wird einem nur Trübsinn begegnen. Selbst der Umstand, dass kaum noch Flüchtlinge ins Land kommen, kann nicht für Aufhellung sorgen.

Das übliche Leiden der Deutschen an sich selbst ist fließend in eine kollektive Depression übergegangen. Wer noch kein Burnout hatte, rechnet stündlich damit. Wie tief inzwischen der Verdruss sitzt, war deutlich an den Ergebnissen der Landtagswahlen abzulesen. Denn mit Vernunft lässt sich das, was dort passierte, kaum erhellen.

Gewiss, die in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz werden sich kurz schütteln und dann zusammenraufen. Aber glaubt in Sachsen-Anhalt wirklich jemand, dass mit den fast 25 Prozent für die AfD irgendetwas besser wird? So einfältig kann doch kein Hilfs- und schon gar kein Facharbeiter sein. Selbst in Bitterfeld nicht.

Die quälende Debatte darüber, dass man das "Schlusslicht von Deutschland" sei, hat eine nachdrückliche Bestätigung gefunden: Ja. Ja, kann man da nur sagen. Und mit dem Wahlergebnis habt ihr die besten Voraussetzungen dafür geschaffen, dass es so bleibt.

Übrigens: Ende 2019 läuft der Solidarpakt aus. Die Chancen, dass man dem Osten mit seiner ausgeprägten Affinität für Pegidas & Co. neue Unsummen in den Rachen wirft, sind deutlich gesunken.

Zu viele in den neuen Ländern haben ein gestörtes Verhältnis von Anspruch und Wirklichkeit. In Dresden und Erfurt - wo man besonders gern durch die Straßen zieht - leben nicht die Benachteiligten und Entrechteten dieser Welt. In beiden Städten ist die Arbeitslosigkeit deutlich geringer als in den meisten Ruhr-Metropolen. Also, Abstiegsängste können es nicht sein, die zu dieser Radikalisierung beitragen.

Sicher, die Frage der Zuwanderung bleibt ein wichtiges Thema, vor allem die Überlegung, wie könnte man eine überalterte Gesellschaft etwas auffrischen? Doch dazu war im Wahlkampf nichts zu hören.

Dabei gibt es in der Tat - trotz der guten Verfassung, in der sich das Land derzeit befindet, ein kurzer Blick in die Welt dürfte zur Erhellung beitragen - Grund zur Sorge. Die Gier der Reichen in Deutschland hat das erträgliche Maß überschritten. Der Abstand zwischen unten und oben wächst.

Das ist unklug. Das ist ungesund. Das kann auf Dauer nicht gut gehen.

Die Generation der Väter und Großväter des Wirtschaftswunders wusste noch, dem Unternehmen und dem Unternehmer geht es nur dann gut, wenn es auch den Beschäftigten gut geht. Dieses Wissen scheint in den letzten zwei Jahrzehnten verloren gegangen zu sein.

In fast keinem anderen entwickelten Land müssen die Besitzenden so wenig Steuern auf ihr Vermögen zahlen wie in Deutschland. Das ist der sozialen Marktwirtschaft abträglich.

Inzwischen klagt man über fehlende Fachkräfte und leistet sich zugleich ein Heer von prekär Beschäftigten. Viele junge Leute hangeln sich von einem Praktikum zum anderen, von einer befristeten Anstellung zur nächsten und haben längst die Hoffnung aufgegeben, je einen festen Job zu bekommen.

Seit Jahren wird viel darüber geredet, dass Bildung das einzig verlässliche Kapital der Zukunft sei. Doch die notwendigen Milliarden fließen nicht in Hochschulen und die Einstellung von Lehrern, sondern in ein marodes Bankensystem, in dem die Zocker den Ton angeben.

Das ist die eigentliche Herausforderung, vor der dieses Land steht.

Wenn man zu Verschwörungs-Theorien neigen würde, könnte man sagen: Das Auftauchen der AfD und die Flüchtlings-Hysterie sind Teil einer Inszenierung, um davon abzulenken. Aber so bedeutend sind die Petrys und Höckes nun auch wieder nicht.

Sergej Lochthofen

04.04.2016 17:39 (auf Beitrag #22 antworten)

> Die Wirtschaft brummt. Die Renten legen zu. Die Reallöhne steigen. Der Mindestlohn sorgt dafür, dass sogar die unteren Einkommensschichten den Konsum befeuern.

Steile These, passt aber nicht zur Realität. Die Wirtschaft brummt nur auf Kosten der Arbeitnehmer. In den letzten 15 Jahren sind die Reallöhne eben nicht gestiegen. Die Inflation frisst alles und dank dem Hampelmann Draghi wird momentan jegliche Altersversorgung/Ersparnisse vernichtet und entwertet.

Die Lage ist sogar noch viel prekärer. Im Gesungheitswesen wird nur noch das Elend verwaltet. Selbst letztens wieder auf einer Intensivstation miterlebt. Zwei Schwestern für 30 Patienten. Reines Glückspiel, wenn zwei Notfälle gleichzeitig geschehen. Einen Arzt siehst du vielleicht einmal in der Woche, die sind alle am Limit.

Schulwesen sieht auf allen Ebenen nicht anders aus. Angestellte Lehrer werden über die Ferien gekündigt und zum neuem Schuljahr wieder eingestellt, erhalten zudem weniger Gehalt für dieselbe Arbeit wie ihre verbeamteten Kollegen. An Hochschulen mangelt es an allen Ecken und Kanten. Whiteboardmarker oder Kreide fehlt genauso wie Klopapier. Professoren werden wie Gymnasiallehrer bezahlt, dank Bologna steigt die Abbrecherquote und die Zahl der Fachidioten.

Die Polizei wird nicht erst seit den letzten Monaten ausgedünnt und weit über Gebühr belastet. Die fahren Millionen Überstunden und können noch nicht einmal in den Ruhestand gehen, weil die Stellen nicht neu besetzt werden. Wer lässt schon die Kollegen im Stich, denen man sein Leben anvertraut hat.

Das Heer der Arbeitssklaven und Praktikanten hast du ja bereits erwähnt. Die werden dann auch direkt dazu missbraucht, die Arbeitslosenstatistik zu verfälschen. Viel interessanter wäre eine Angabe über die Leute, die ohne Aufstocken und Hilfeleistungen leben können. Die Nachfrage bei den Tafeln explodiert nicht ohne Grund.

Der angebliche Fachkräftemangel ist plumpe Rhetorik für Leute, die Angebot & Nachfrage nicht auf Beschäfftigungsverhältnisse anwenden wollen.

Auf den ganzen Haufen an Problemen kam nun die Migrantenkriese oben drauf. Die etablierten Parteien  waren wie immer einig in ihrer Unfähigkeit und sowieso alternativlos. Gerade im Osten kennen viele noch die Diktatur einer Einheitspartei. Da wundert es dich, dass den Leuten der Zug mit dem sie in den Abgrund rasen egal ist, aber man eben doch mal sein Wahlrecht nutzen will?

 

tl;dr Die AfD ist nur das Symptom, die Ursache liegt bei den etablierten Parteien.

 

Die Medien lasse ich hier bewusst außen vor, sonst komme ich nie zum Ende.

08.04.2016 05:16

Ich habe mir noch nicht einmal den TE-Post komplett durchgelesen, ohne gleich anspringen zu wollen ^^

Da ist so viel geballt, ... dass muss ich aufschreiben um es auseinander zu nehmen.

Vielleicht haben es ja schon andere hier getan?!

 

 

Edith sagt:

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